Frontberichte 11/2022: Prodiac, Ekato RMT, Borbet, Sixt

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Presseschau: Betriebsratsbehinderung und Union Busting in Deutschland

Prodiac/KWS lässt die Beschäftigen im Regen stehen, während die Geschäftsführung Profite scheffelt. Photo by Gema Saputera on Unsplash
  • Prodiac / Bielefeld: Staatsanwaltschaft Bielefeld lässt Beschäftigte im Stich
  • Ekato RMT / Schopfheim: Tarifflucht vereitelt – Unliebsame Betriebsratsmitglieder gekündigt
  • Borbet / Solingen: Erneuter Schlag gegen engagiertes Betriebsratsmitglied
  • Sixt / Düsseldorf: Betriebsrats-Freie-Zone könnte bald Geschichte sein

Prodiac: Staatsanwaltschaft Bielefeld lässt Beschäftigte im Stich

Die Sicherheitsbranche ist als hartes Pflaster bekannt, die Methoden die die Prodiac Sicherheit GmbH Geschäftsführung unter der Leitung von Rasmus Finn Wackerhagen gegen den Betriebsrat einsetzt sind in ihrer Brutalität jedoch selbst hier eine Seltenheit. Beschäftigte, Betriebsratsmitglieder und Gewerkschafter sehen sich bei Prodiac mit schlechten Arbeitsbedingungen, gewalttätigen Übergriffen, Drohungen, Mobbing und Schikanen konfrontiert. 

16 Tage am Stück arbeiten, 12-Stunden-Schichten ohne Pause, 313 Arbeitsstunden in einem Monat, sind bei Prodiac laut Berichten von Mitarbeiter*innen keine Seltenheit. Das dies gegen die Arbeitsschutzbestimmungen verstößt scheint bei Prodiac niemanden zu interessieren. 

Nach der Übernahme von Prodiac durch die KWS Kieler Wach- und Sicherheitsgesellschaft im Jahr 2016 versucht die neue Geschäftsführung den Betriebsrat mit allen Mitteln zur Aufgabe zu zwingen. Selbst nachdem im Mai 2017 zwei Männer den damaligen Betriebsratsvorsitzenden auf dem gesicherten Firmengelände von Prodiac in Anwesenheit des damaligen Niederlassungsleiters so massiv zusammen schlugen, dass er bis heute arbeitsunfähig ist, ließen sich die Mitarbeiter nicht einschüchtern, sondern hielten an dem Betriebsratsgremium fest.

Die Geschäftsführung soll zudem Betriebsversammlungen ver- oder behindern, Mitbestimmungsverfahren ignorieren und die Bezahlung der für die Betriebsratsarbeit aufgewendete Zeit verweigern. Schikanen, Mobbing und seit der Neuwahl am 24. Mai 2022 die einfache Ignorierung und Leugnung der Existenz des Betriebsrats sind an der Tagesordnung. So soll Geschäftsführer Rasmus Finn Wackerhagen einfach behaupten, dass es gar keinen Betriebsrat gibt, obwohl die Beschäftigten diesen im Mai 2022 neu gewählt haben.


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Die Geschäftsführung soll zudem eine Personalleiterin dazu gebracht haben, mit einer eigenen Liste mit manipulierten Stützunterschriften bei der Wahl anzutreten, um die Wiederwahl des Betriebsrats zu verhindern. Der Plan flog jedoch noch vor der Wahl auf und scheiterte. Auch der Versuch des Geschäftsführers, vor dem Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht die Wahl zu verhindern, misslang. Dazu beauftragte Prodiac extra die  Union Busting Kanzlei Luther mit ihrem Anwalt Axel Braun und die Kanzlei Schils und Kollegen mit Anwältin Lydia Kristin Wiesbrock. Beide scheiterten, denn die Wahl fand statt, und die Mitarbeiter*innen haben die bisherigen Betriebsratsmitglieder wiedergewählt.

Arbeitsgerichte, Staatsanwaltschaft und Arbeitsministerium lassen Betriebsrat allein

Über 40 Prozesse hat der Betriebsrat im Laufe der letzten Jahre gegen die Schikanen des Unternehmens angestrengt und alle gewonnen. Eindruck auf die Geschäftsführung und ihren Justiziar Frank Esser machen diese Verfahren ebenso wenig, wie die gerichtliche Androhung von Ordnungsgeldern. Gerichtsurteile ignoriert das Unternehmen einfach und zahlt Strafen im Zweifelsfall aus der Portokasse.

Auch eine Intervention beim Landesarbeitsministerium durch Betriebsrat und Verdi im Oktober 2021 brachte keine Besserung. Ein Verfahren vor der Landesschlichtungsstelle scheiterte. Auch ein Hinweis, dass man dem Geschäftsführer über § 35 der Gewerbeordnung die Führung des Gewerbe untersagen könnte, ignorierten die Landesschlichterin. Bisher gibt es aus dem Arbeitsministerium nicht einmal eine Rüge der Geschäftsführung.

Ein Verfahren gegen die Prodiac Geschäftsführung wegen Betriebsratsbehinderung nach § 119 BetrVG, welche der Verdi Gewerkschaftssekretär Andreas Rech zur Anzeige brachte, stellte die Staatsanwaltschaft Bielefeld kürzlich ein. Die Einstellung begründete die Staatsanwaltschaft damit, dass obwohl ein begründeter Anfangsverdacht bestehe keine hohe Strafe zu erwarten sei und daher kein öffentliches Interesse bestehe. 

Will der Prodiac Geschäftsführer Gewerkschafter mundtot machen?

Die Gewerkschaft Verdi ging mit den Vorwürfen gegen Prodiac und Geschäftsführer Rasmus Finn Wackerhagen an die Öffentlichkeit. „Ich sehe hier nicht nur die Gerichte, sondern jetzt auch die Politik auf Landes- und Bundesebene in der Pflicht“, so Andreas Rech.

Kurz darauf wird er durch Rasmus Finn Wackerhagen wegen Beleidigung und Verunglimpfung angezeigt. Grund ist seine Berichterstattung auf der Webseite wasi-nrw.de. Der Gewerkschafter will sich durch die Anzeigen nicht einschüchtern lassen und sich weiterhin für die Beschäftigten einsetzen.

Geschäftsführung wickelt Betrieb ab, um Betriebsrat loszuwerden

Für die Beschäftigten ist die Situation um so schlimmer, weil nun klar zu sein scheint, das die Geschäftsführung beschlossen hat, Prodiac nun abzuwickeln, bevor der Skandal um das Union Busting in der Öffentlichkeit noch größer wird.

Vertreter*innen des Mutterkonzerns KWS sollen bereits gemeinsam mit der Personalchefin von Prodiac Kunden abfahren und die bisherigen Aufträge auf den Mutterkonzern umschreiben. Nur einzelne, ausgesuchte Beschäftigte bekommen bisher ein Übernahmeangebot von KWS. Die Kolleginnen und Kollegen, die sich auf die Seite des Betriebsrates gestellt haben, sollen dabei leer ausgehen. 

Die Prodiac Sicherheit GmbH beschäftigt aktuell rund 130 Mitarbeiter*innen. 2016 übernahm die KWS Kieler Wach- und Sicherheitsgesellschaft Prodiac. Damit gehört Prodiac zum drittgrößten deutschen Sicherheitsdienstleister welches die Familie Wackerhagen führt. Die Familie leitet eine ganze Reihe von Sicherheits- und Dienstleitungsunternehmen. Beteiligt daran sind Rasmus Finn Wackerhagen, Tjark Wackerhagen, Björn Wackerhagen und Sven Wackerhagen.

Die Dokumentation der Behinderung der Betriebsratsarbeit bei Prodiac finden Sie auch in unserem Union Busting-Wiki: Prodiac Sicherheit GmbH – Mehr Infos zum Union Busting-Wiki

Quellen:


Ekato RMT: Tarifflucht vereitelt – unliebsame Betriebsratsmitglieder gekündigt

Das Schopfheimer Unternehmen EKATO Rühr- und Mischtechnik GmbH unter der Leitung von Frank Ullsperger und Philip Mathon will zwei Betriebsräte mit einer fristlosen außerordentlichen Kündigung loswerden. Als Anlass dienen private Filmaufnahmen von einer Betriebsversammlung.

Konkret wirft die Geschäftsführung der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden vor, dass sie ohne Einverständnis die Betriebsversammlung am 10. November 2022 teilweise mit dem Handy aufgezeichnet haben soll. Laut IG Metall sollten die Aufnahmen dokumentieren, dass die Geschäftsführung den Betriebsrat „wiederholt, massiv angegangen“ hat.

Da die Beschäftigten die hybride Betriebsversammlung sowohl vor Ort, als auch am Computer verfolgen konnten, bewertet die IG Metall die Betriebsversammlung als vergleichbar mit einer öffentlichen Veranstaltung, da nicht genau nachvollziehbar sei, wer die Konferenz am Bildschirm oder in Präsenz verfolgt hat. Somit liege durch die nicht genehmigte Aufnahme kein Straftatbestand vor, der als Anlass für eine außerordentliche Kündigung herhalten könne.

Vier Tage nach der Betriebsversammlung konfrontierte die Geschäftsführung die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende und den Betriebsratsvorsitzenden mit dem Vorwurf der angeblich illegalen Aufnahme. Wenig später konkretisierte sie diesen als Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung, das Betriebsverfassungsgesetz und als einen angeblich schwerwiegenden Vertrauensbruch. Das Unternehmen stellte die beiden Betriebsratsmitglieder daraufhin laut IG Metall vor die Wahl: Entweder sie treten sofort von ihrem Mandat zurück und gehen wieder ihrer Arbeit nach oder sie sind fristlos gekündigt. 

Die beiden Betriebsratsmitglieder lehnten ihren Rücktritt ab. „Sie wähnen sich im Recht“, wie Thomas Bittner, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Lörrach, erklärt. So habe die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende die Aufnahme als rein interne Notiz verwenden wollen und Zettel und Stift gerade nicht zur Hand gehabt. Das Unternehmen hat daraufhin die zwei Betriebsratsmitglieder außerordentlich gekündigt und freigestellt. Gleichzeitig hat der Betriebsrat der Kündigung der beiden widersprochen und mehr als 200 der 600 Mitarbeiter*innen haben sich bei einer öffentlichen Aktion und mit einer Unterschriftenliste der IG Metall mit den Betroffenen solidarisiert. 

Datenschutzverstoß nur als Vorwand?

Die Gewerkschaft sieht den Vorfall als Vorwand, „um unliebsame Betriebsräte loszuwerden und den verbleibenden Betriebsrat einzuschüchtern“, so Bittner. Im Jahr 2021 hatte Ekato nach dem Tarifabschluss die Mitgliedschaft beim Arbeitgeberverband Südwestmetall gekündigt. Gemeinsam sei es dem Betriebsrat, der Belegschaft und der IG Metall nach einer 14-tägigen Auseinandersetzung gelungen, das Unternehmen wieder in den Verband zurückzubringen. „Nach unserer Auffassung war dies einer der Auslöser für weitere Konflikte“, sagt Bittner. 

Ob die Geschäftsführung nun einen erneuten Versucht startet, die Kündigungen vor dem Arbeitsgericht durchzusetzen, ist bisher nicht bekannt. Das Unternehmen will sich dazu bisher nicht äußern. 

Die EKATO Rühr- und Mischtechnik GmbH ist internationaler Marktführer in der Produktion von Rühr- und Mischtechnik. Am Produktionsstandort in Schopfheim arbeiten rund 600 Mitarbeiter*innen. Das Unternehmen ist Teil der 1933 gegründeten Ekato Group (Ekato Holding GmbH) im Besitz der Familie Todtenhaupt. Geführt wird sie von Erich Todtenhaupt, Philipp Todtenhaupt, Tim Todtenhaupt

Die Dokumentation der Behinderung der Betriebsratsarbeit bei Ekato RMT finden Sie auch in unserem Union Busting-Wiki: EKATO Rühr- und Mischtechnik GmbH – Mehr Infos zum Union Busting-Wiki

Quellen:


#Update – Borbet mit nächstem Schlag gegen engagiertes Betriebsratsmitglied

Der Felgenhersteller Borbet GmbH versucht erneut das engagierte Betriebsratsmitglied Sinan A. durch eine konstruierte Kündigung loszuwerden. Als Grund soll die Information der Belegschaft in den aktuellen Verhandlungen um die Zukunft des insolventen Standorts in Solingen dienen. Borbet wirft Sinan A. vor, in einer Whatsapp-Gruppe „massiv Stimmung“ gegen das Unternehmen gemacht und vertrauliche Informationen aus den Verhandlungen über den Standort Solingen verbreitet zu haben.

Laut Sinan A. und der Gewerkschaft IG Metall stimmt dies nicht, da die Informationen längst öffentlich gewesen seien. Sie gehen davon aus, dass die Kündigung „jeder Rechtmäßigkeit entbehrt“ und rein „politischer Natur“ ist. Laut Gewerkschaft versucht die Geschäftsführung einen engagierten und kritischen Betriebsrat kalt zu stellen.

Bis das Landesarbeitsgericht den Betriebsrat im Juni 2020 auflöste und eine Neuwahl ansetzte war Sinan A. Betriebsratsvorsitzender und in dieser Funktion bereits heftigen Angriffen der Geschäftsführung ausgesetzt (Frontberichte 12/2019, 06/2020, 08/2020, 14/2020). Er versuchte in seiner Zeit als Betriebsratsvorsitzender die Einführung eines neuen für die Belegschaft nachteiligen Schichtsystems zu verhindern und die Tarifbindung des Standorts zu verteidigen. Denn der Standort in Solingen, der mittlerweile vor der Abwicklung steht, war der einzige Borbet Standort mit Tarifbindung.

Mit der Neuwahl des Betriebsrats verlor Sinan A. den Vorsitz des Gremiums und seine Liste zahlreiche Mandate. Die Antipropaganda der Geschäftsführung und die gezielte Spaltung der Belegschaft zeigte seine Wirkung. So stimmte der Betriebsrat nun der Kündigung von Sinan A. mehrheitlich mit sechs zu fünf Stimmen zu. Der aktuelle Betriebsratsvorsitzende Özkan Kinik verteidigt dieses Verhalten, da Sinan A. „Unruhe in den Betrieb gebracht“ habe.

Güteverhandlung ohne Ergebnis

Am 2. November 2022 trafen sich Borbet und Sinan A. vor dem Arbeitsgericht Solingen zur Güteverhandlung der Kündigungsschutzklage. Da wie zu erwarten keine einvernehmliche Einigung erzielt werden konnte, forderte Richterin Deike Hempel zunächst Borbet auf innerhalb von drei Wochen die Argumente für die Kündigung schriftlich darzulegen, im Anschluss haben auch Sinan A. und sein Anwalt Marius Karow aus der Kanzlei Vieker & Chatziparaskewas, drei Wochen um ihre Argumente darzulegen. Ein Kammertermin zur Verhandlung der Kündigung dürfte daher Frühestens im Januar oder Februar 2023 folgen. 

Juristische Unterstützung und Beratung bekommt Borbet seit Jahren von der berüchtigten Union Busting-Kanzlei Schreiner + Partner und ihrer Anwältin Britta Heilfs. Beim individualrechtlichem Arbeitsrecht setzt Borbet auf die Wirtschaftskanzlei Seitz aus Köln. Seitz entwickelt sich in den vergangenen Jahren zu einem Schwergewicht als Union Busting-Dienstleister.

Selbstverschuldete Insolvenz um tarifgebundenen Standort mit Betriebsrat loszuwerden?

Lukrative Aufträge hat die Geschäftsführung laut Gewerkschaftern vom einzigen tarifgebundenen Standort in Solingen abgezogen und an die tariffreien Borbet Standorte vergeben und das obwohl Borbet erst 2018 20 Millionen Euro in das Solinger Werk investierte. Beobachter*innen gehen daher von einer bewusst herbeigeführten massiven Minderauslastung des Werkes und einer dadurch hervorgerufenen, selbst verschuldeten Insolvenz aus. Im Dezember 2021 hat Borbet ein Schutzschirmverfahren beantragt, am 1. März 2022 ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet.

Borbet ist ein inhabergeführtes Familienunternehmen mit Hauptsitz in Hallenberg-Hesborn im Sauerland. Im Standort Solingen arbeiten rund 700 Beschäftigte. Die Firma betreibt außerdem Werke in Medebach (Sauerland), Bad Landensalza (Thüringen), die Borbet Vertriebs GmbH in Niederneuching (Bayern), die Borbet Sachsen GmbH in Kodersdorf, Borbet Austria in Ranshofen, Borbet S.A. in Port Elisabeth (Südafrika), sowie ein Werk in Auburn (Alabama, USA), das unter Leitung von Borbet Austria betrieben wird.

Die Dokumentation der Behinderung der Betriebsratsarbeit bei Borbet finden Sie auch in unserem Union Busting-Wiki: Borbet GmbH – Mehr Infos zum Union Busting-Wiki

Quellen:


#Update – Betriebsrats-Freie-Zone Sixt könnte bald Geschichte sein

Bisher gibt es in keiner Filiale des Autoverleihers Sixt SE auch nur einen einzigen Betriebsrat. Dies könnte sich bald ändern. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die sechs Kündigungen des Autoverleihers gegen die drei Betriebsratsinitiatorinnen am Standort in Düsseldorf für ungültig erklärt, ihren Anspruch auf Weiterbeschäftigung bestätigt und damit auch den Weg für einen erneuten Versuch einen Betriebsrat zu gründen frei gemacht. 

Nachdem bereits am 23. Februar 2022 das Arbeitsgericht Düsseldorf die Ungültigkeit der Kündigungen der drei Betriebsratsinitiator:innen feststellte (Az: 10 Ca 4119/21), bestätigte am 8. November 2022 auch das Landesarbeitsgericht die Unwirksamkeit (Az: 8 Sa 243/22) der fristlosen Kündigungen. Damit setzten sich die drei Initiatorinnen in einem jahrelangen Konflikt mit dem Autoverleiher auch auf juristischer Ebene durch. Wir berichteten in den Frontberichten 03/2022, 01/2022 und 15/2021 bereits ausführlich über den Fall.

Ob sich Sixt mit dieser erneuten juristischen Niederlage jedoch geschlagen gibt und endlich von seiner Linie, die Gründung eines Betriebsrates mit allen Mitteln zu verhindern, abrückt darf man bezweifeln. Selbst der Vorsitzende Richter Alexander Schneider warnte die Initiatorinnen indirekt vor neuen Schikanen durch Sixt, die ihnen bei Rückkehr an ihren Arbeitsplatz am Düsseldorfer Flughafen drohen dürften. Dies begründete er vor allem mit der Aussage des Sixt-Anwalt Holger Thomas von der Anwaltskanzlei Pusch Wahlig Workplace Law der das Union Busting von Sixt juristisch begleitet und zuvor erklärt hatte, für die Autovermietung komme nur eine Lösung des Falls in Frage und das sei die „Beendigung der Arbeitsverhältnisse“. Dem Sixt-Geschäftsführer Dirk Hünten attestierte der Vorsitzende Richter, dass seine Vorwürfe gegen die drei Frauen „schon fast an Wahn“ grenzten.

Auch wenn des Landesarbeitsgericht keine Revision gegen das Urteil zugelassen hat, will Sixt die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und weitere Rechtsmittel gegen die Entscheidung prüfen. 

Betriebsratsinitiatorinnen lehnen mehrfach hohe Abfindungen ab

Die Personalchefin Katharina Reichenberger soll den Frauen 15.000 Euro und später sogar 150.000 Euro geboten haben, wenn sie die Firma verließen. „Das zeigt, dass Sixt fast jeden Preis zahlen will, um Betriebsräte zu verhindern“, bewertet Verdi-Gewerkschaftssekretär Özay Tarim die Situation bei Sixt. 

Auch eine Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses gegen eine vom Gericht vorgeschlagene Abfindungen von bis zu 90.000 Euro brutto pro Person lehnten sie erneut ab und das obwohl die drei aktuell auf Hartz IV angewiesen sind. Trotz Ablehnung solcher Zahlungen argumentierte Sixt vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf, die Frauen hätten die Betriebsratswahl nur angestoßen, um Abfindungen zu kassieren. „Das zeigt noch einmal in aller Deutlichkeit, dass es den Kolleginnen nicht um Abfindungen, sondern um einen Betriebsrat“ geht, so Tarim. 

Für den 29. November 2022 haben die Initiatorinnen nun erneut zu einer Versammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes ins Kongresszentrum des Düsseldorfer Flughafens eingeladen. Auch wenn Sixt bereitwillig die Miete für den Raum zahlte, wird sich erst noch zeigen ob sich der Autovermieter tatsächlich geschlagen gibt.

Staatsanwaltschaft lehnt Strafverfahren wegen Betriebsratsbehinderung ab

Da die Behinderung des Betriebsrats gem. § 119 BetrVG eine Straftat ist, die mit einer Strafe bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft werden kann, hatte die Gewerkschaft Verdi  Strafantrag gegen Sixt gestellt. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Düsseldorf hat den Strafantrag jedoch wegen der Formalie abgelehnt, dass Verdi den Antrag erst mehr als drei Monate nach dem Ereignis gestellt habe. Man könnte leicht den Eindruck gewinnen, die Staatsanwaltschaft hat nur einen Vorwand gesucht, nicht ermitteln zu müssen.

Die Sixt SE und die für die Autovermietung zuständige Sixt GmbH & Co. Autovermietung KG werden seit ihrer Gründung von der Familie Sixt geführt. Heute leitet Erich Sixt das Unternehmen gemeinsam mit seinen Söhnen Alexander Sixt und Konstantin Sixt. Die Sixt SE betrieb 2020 mehr als 2.000 Mietwagenstationen mit über 205.400 Fahrzeugen weltweit und hatte einen Umsatz von 1,53 Milliarden Euro. 

Die Dokumentation der Verhinderung von Betriebsratsgründungen bei Sixt finden Sie auch in unserem Union Busting-Wiki: Sixt SE – Mehr Infos zum Union Busting-Wiki

Quellen:


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